Dienstag, Dezember 12, 2006

Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätääää

Als ich mich heute Morgen aus meinen kuscheligwarmen Kissen schälte und mich in die Küche quälte, saß dort am Tisch schon quitschfidel der kleine Maulwurf Rapante und verspeiste ein paar Fruchtfliegen zum Frühstück. Ganz Gentleman bot er mir auch eine an, nicht ohne sich zu entschuldigen, dass er sich ohne meine ausdrückliche Erlaubnis bedient hatte. Ich winkte ab und sagte ihm, um diese Zeit habe ich noch keinen Hunger. Er fragte mich nach meinen Plänen für den Tag und ich gab an, dass ich zunächst in die Bibliothek zum studieren müsse. Rapante war sofort Feuer und Flamme, er war schließlich noch nie in einer Bibliothek gewesen und erklärte sofort, dass er mich begleiten würde. Wir setzten uns also in die Bahn, wo der kleine Wicht einige Probleme hatte den Fliehkräften standzuhalten. Ja, so ein Maulwurf, der wiegt ja nichts, der muss sich schon gut festhalten! Andächtig betrat er die heiligen Hallen der Universität, steuerte jedoch zielstrebig auf ein Regal mit Volkskundebüchern zu. "Das gibt's ja garnicht! Sogar Kochbücher haben die hier" jubelte er laut! Er verlor allerdings schnell das Interesse, denn aufgrund seiner extremen Kurzsichtigkeit fiel ihm das Lesen schon nach kurzer Zeit schwer. Dafür fing er an zu jammern, er habe großen Hunger und erklärte zur Entschuldigung, das Frühstück läge ja auch nun schon Stuuuuunden zurück. So zeigte ich dem Kleinen die Uni-Mensa, die an diesem Tag das Weihnachtsmenü servierte. Er war ein wenig enttäuscht, dass auf dem Speiseplan - er hatte Delikatessen erwartet - keine Mehlwürmer standen, sondern nur ein Putengericht mit Orangensauce, aber aus Höflichkeit nahm er natürlich auch eine Portion. Es schmeckte ihm dann aber überraschenderweise so gut, dass er sich gleich drei Mal in die Warteschlange einreihte und alle drei Portionen komplett verspeiste! Braver Maulwurf, morgen wird das Wetter gut!
Wir amüsierten uns noch eine Weile bei einer guten Unterhaltung, bis er schließlich fragte, was denn um alles in der Welt ein Weihnachtsmarkt sei! "Oh" antwortete ich, "dass kann und will ich dir gerne zeigen! Pack deine Sachen und folge mir unauffällig!" Er tat wie ihm geheißen und wir machten uns auf den Weg.
Noch war es hell und jeder der einmal einen Weihnachtsmarkt besucht hat weiß, dass sich der wahre Zauber erst in der Dunkelheit zeigt. So war ich gerührt als er, ganz entzückt ob der lustigen Musik und der unterschiedlichen weihnachtlichen Gerüche einen Freudensprung vor dem Kinderkarussell machte. Als er dann auch noch den Weihnachtsmann kennenlernte, der ihn mit einem professionellen "Ho Ho Ho" auf den Arm nahm, war seiner Verzückung keine Grenze mehr gesetzt! Nach einiger Zeit jedoch bekam er seine Fassung wieder und schien sich daran zu erinnern, dass er ein ernstzunehmender, erwachsener Maulwurf von Welt war. "Naja", merkte er nach einiger Zeit an und räusperte sich streng, "dass scheint mir aber doch eher eine Kinderveranstaltung zu sein, Werteste!". Kinderveranstaltung? Ha, dem wollte ich zeigen, dass auch die Erwachsenen sich hier vergnügen konnten! Alsgleich zerrte ich ihn zu den dunklen Ecken des Marktes, dort wo sich die Erwachsenen um kleine Stehtische drängten und sich über merkwürdige Dinge unterhielten. Hier war man nur wilkommen, so verstand der kleine Maulwurf sofort, wenn man den geheimen Verhaltenskodex kannte.Er hatte eine schnelle Auffassungsgabe und imitierte schon nach kurzer Beobachtung die Einheimischen, als er mit ernster Miene ein Getränk mit dem gefährlich anmutenden Namen "Feuerzangenbowle" bestellte. Tapfer trank er den ganzen Becher aus, und war deutlich beschwipst als wir uns auf den Heimweg machten. Zuhause angekommen flüsterte er mir zu "Das war aber ein schöner Tag!", kroch unter die warme Bettdecke und schlief seelig und mit einem leichten Schnarchen ein. Wahrscheinlich träumt er von Mehlwürmern mit Orangensauce... Psssst!